»Nun, es ist merkwürdig, aber von einem Ereignis, das gut abläuft und von Tagen, die man angenehm verbringt, ist rasch berichtet. Indessen lässt sich über unbequeme und aufregende, ja sogar schreckliche Ereignisse, eine gute Geschichte erzählen, auf jeden Fall lassen sich darüber eine Menge Worte verlieren.« (J.R.R. Tolkien, Der Hobbit).
Und wirklich, kaum einer kennt diese Situation nicht: Man kommt von einer Reise zurück und alle fragen: »Hey, wie war’s? Komm erzähl' schon!« Glücklich ist dann, wer einen außergewöhnlichen Reisebericht aus dem Ärmel schütteln kann. Nichts ist so spannend, wie ungewöhnliche Begegnungen oder Erlebnisse, die auch ins Auge hätten gehen können, die man aber trotzdem überlebt hat.
Ganz vorne mit dabei sind abgedrehte Stories von wilden Busfahrten inklusive Pannen, Erfahrungen mit landestypischen Drogen, eine Nacht im Gefängnis oder meditative Erfahrungen am Strand oder im Kloster. Was zählt ist die maximale Differenz im Vergleich zum »normalen« Leben zu Hause. Das bedeutet natürlich auch, dass Begegnungen mit normalen Menschen auf ähnlicher Wellenlänge relativ unspektakulär erscheinen. Im Tourismus muss das »Fremde« halt fremd bleiben, um attraktiv zu sein. Nur unter dieser Voraussetzung kann man sich auf einer Safari fühlen wie Hemingway in den »guten alten Tagen« oder die »Spiritualität Indiens mit der Bhagwat Gita« ungetrübt genießen.
Zusätzlich bedeuten körperliche oder geistige Grenzerfahrungen oder Gefahrensituationen vor allem die Beschäftigung mit sich selbst. Wenn es kritisch wird, bemüht man sich hauptsächlich darum, den eigenen Arsch zu retten. Im Nachhinein lässt sich über Erlebtes leicht erzählen, in der Situation selber entsteht nicht nur Adrenalin: Kontrollverlust bedeutet Stress, Panik oder Ärger. Auch selber haben wir oft erlebt, wie eine Situation als bedrohlich empfunden wurde und dann unwillkürlich rassistische Denkmuster reaktiviert wurden, sei es im Verhalten gegenüber Trägern beim Trekking, Bettlern auf der Straße oder generell den »gefährlichen Fremden« gegenüber.
In dieser Rubrik findet ihr eine Sammlung von ganz unterschiedlichen Texten: Absurdes, Geschichten zum Kotzen, aber auch interessante Blickwinkel auf Grenzerfahrungen auf Reisen.
Einkaufen gehen, ins Kino, in eine Cocktail-Bar? Langweilig! Viel aufregender ist der »Slum-Erlebnispark«. Seit Juni 2003 gibt es dieses schicke Freizeitvergnügen in Americus im US-Bundesstaat Georgia. Schon in den ersten Wochen kamen 5000 Slumbesucher, um sich zum Beispiel in einem Bottich mit kaltem, schmutzigem Wasser zu waschen. »Wir sind kein Vergnügungspark«, betont Vize-Boss David Williams. Deshalb gibt es auch keine Eisbuden oder Cola-Automaten, sondern rund 20 Baracken, in denen man angeblich die Lebensbedingungen der Dritten Welt erleben kann – zwar ohne echte Bewohner, demnächst aber mit echten Slum-Geräuschen vom Band. »Ein Besucher beschloss spontan, nun jedes Jahr ein Haus für arme Leute zu bauen«, erzählt Williams. Soll einer noch sagen, die Amis hätten kein Herz! Eintritt ist kostenlos, Spenden werden gern genommen. Die Hilfsorganisation Habitat for Humanity International, die den Park betreibt, baut auf der ganzen Welt Häuser für die Armen – schon über 100 000. So gesehen war der Erlebnispark keine schlechte Idee. Einfacher wäre es allerdings gewesen, mit den Elend-Fans einige Kilometer weiter zu fahren. Dort befinden sich die echten Slums von Americus.
Ein stinkender Müllhaufen, in dem zwei Hunde wühlen, ist eine der Ferienattraktionen für Louise. Die elfjährige Dänin geht ganz dicht an die Tiere heran und blinzelt dabei ihrer Mama zu. Dieser ist die Szenerie zwar nicht ganz geheuer, aber da muss sie jetzt durch. Schließlich gönnt sich die fünfköpfige Kopenhagener Familie heute ein brasilianisches Urlaubserlebnis der besonderen Art: die Favela-Tour. Einmal im Elendsviertel arme Leute anschauen! Der Veranstalter garantiert Sicherheit und kühle Drinks. Am Ende versteht man die Welt ein bisschen besser und weiß, dass in Rios Slums viel gelacht wird.
Es ist aber auch heiß heute! Familie Friis ist die Tropenwärme nicht gewohnt. Bei Papa Jesper, in der Lebensmittelbranche tätig, sind die Schweißflecken unter den Achseln inzwischen fast so groß wie die bleichen Stellen an den vom Sonnenbrand geschälten Beinen. Er bedeutet einer verwahrlosten alten Frau, dass er sie gerne knipsen möchte, und zückt die Canon. Wenn man bloß Portugiesisch spräche ... Derweil hat sich das Nesthäkchen Louise in ihren Flip-Flops auf den notdürftig gepflasterten Trampelpfaden den Fuß geritzt. Die Mutter ist sofort mit einem Verband zur Stelle.
Während sich die europäischen Gäste mit den kleinen Widrigkeiten des Lebens in einer Favela abmühen, hat der Veranstalter ganz andere Sorgen. Ihm verdirbt derzeit ein Drogenkrieg die Laune. Die Kundschaft ist verunsichert. »Im Fernsehen wird unnötig Panik geschürt, wenn es um die Favela geht«, sagt Marcelo Armstrong, Gründer von »Favela-Tour«. Er war der erste, der die Slumrundfahrt in Rio de Janeiro im Angebot hatte. Der Fremdenführer Armstrong, den 1992 ein neugieriger Franzose auf die Geschäftsidee seines Lebens brachte, trägt den Pionierstitel stolz vor sich her wie ein Ritter den Schild. »Lonely Planet«, die Bibel der Rucksacktouristen, empfiehlt seine Tour ebenso wie die New York Times. Dazu säuselt Marie Claire: »Die Gastfreundschaft dieser einfachen Menschen ist das Porträt von der Favela, das Touristen aus der ganzen Welt mit nach Hause nehmen«. Das ist genau die Sichtweise, die Armstrong auf seiner Homepage vermittelt. Dort wirbt er: »Wenn Sie Brasilien wirklich verstehen wollen, verlassen Sie Rio nicht, ohne eine Favela-Tour gemacht zu haben«.
600 Leute bringt er im Schnitt pro Woche nach Vila Canoas und nach Rocinha, in die größte Favela Brasiliens, wo nach inoffiziellen Angaben eine Viertelmillion Menschen lebt. Insgesamt leben in Rio – was selbst seine Bewohner, die Cariocas, nicht wahrhaben wollen – 20 Prozent der Bevölkerung im über die Stadt verteilten Elend. Brasilianer, gleich ob Cariocas oder Touristen, sind an den Touren völlig desinteressiert. Die Veranstalter beziffern deren Anteil unter fünf Prozent.
Wann immer das Fernsehen über die Slums berichtet, geht es um Mord, Gewaltexzesse und Drogen. Doch was sich seit Wochen im Hüttenmoloch Rocinha abspielt, lässt selbst Rio schaudern. Die Detonationen einschlagender Granaten, dutzende Todesopfer, Heerscharen von Armee und Polizei, die alle Zugangswege absperren. Es geht um die Machtverhältnisse im Drogengeschäft. »Momentan kann ich mit Touristen nicht nach Rocinha fahren«, gesteht Armstrong, um gleich hinzuzufügen, dass in der Geschichte seines Unternehmens bisher niemandem auch nur ein Haar gekrümmt worden sei.
Damit das so bleibt, stapft Familie Friis jetzt einige Kilometer von Rocinha durch die Light-Version einer Favela. Hier in Vila Canoas in direkter Nachbarschaft zum Nobelviertel São Conrado zeigt die Armut ihre Schokoladenseite: fließend Wasser, Strom und Telefon. Nur eine breite Straße trennt das Fußvolk von den Villen der Reichen. Zynisch, aber wahr: Die Touristen sind hier tatsächlich sicherer als an der schicken Copacabana. Dort reißen ihnen mitunter dieselben so freundlich grüßenden Leute die Kameras und Handtaschen vom Leib. In der Favela selbst gilt die eiserne Regel: kein Verbrechen ohne Anordnung der Bosse. Darum brauche man mit denen gar keine Absprachen zu treffen wegen der Tour, das regle sich von ganz allein, so Armstrong.
»Dass die nicht einstürzen...«, raunt Sören, Louises 14jähriger Bruder, als er fünfstöckige unverputzte Backsteintürme sieht, auf die Jahr um Jahr eine weitere Etage gesetzt wird. Durchaus auf Wissensvermittlung bedacht, zeigt sich der Veranstalter in diesem Teil der Tour auskunftsfreudig. So erfahren die Besucher, dass ein Landloser nach geltendem Recht eine Wohnfläche für sich beanspruchen darf, wenn er sie nachweislich fünf Jahre okkupiert hat – das übliche Entstehungsmuster einer Favela. Und dass der gesetzliche Mindestlohn 240 Reals (80 Euro) beträgt, die Straßen hier keine Namensschilder haben und es viele Probleme gibt. Marina, Fremdenführerin in Marcelo Armstrongs sechsköpfigem Team, bemüht die Statistik: »Hier wohnen nur 2 000 Leute, aber pro Woche werden 600 Kisten Bier an die Kneipen geliefert. Viele Leute flüchten in den Alkoholismus.«
Im Vorbeigehen wird in offen stehende Häuser hineingeknipst. Ein kleiner Junge sitzt vor einem überdimensionalen Fernseher, an der Wand hängt ein Jesusbild. »Ratenzahlung«, erklärt Marina und deutet auf den Fernseher, und ein Holländer aus der Gruppe bemerkt, dass man zu Hause in Rotterdam die Tür aber nicht so sperrangelweit offen stehen lasse.
Mittlerweile ist die Gruppe im Projekt Para Ti angelangt. In dieser kommunalen Einrichtung werden Grundschulkinder bei den Hausaufgaben und in der Freizeit betreut. Para Ti wird von »Favela-Tour« unterstützt. Wieder gibt es eine Menge zu fotografieren: arme Kinder, die spielen, arme Kinder, die essen – Mensch, haben die Hunger. Arme Kinder beim Raufen, die Jungs können ja schon Capoeira, diesen faszinierenden Kampftanz, den die Sklaven einst erfanden. Arme Betreuerinnen, die die armen Kinder maßregeln, wenn sie zu viel gerauft haben. Ständig klicken dazu die Kameras. Nach einer Einkaufsrunde im Hausshop, wo Handarbeiten verkauft werden – der Tourist kann hier »direkte finanzielle Unterstützung in der Favela leisten« – noch ein Gruppenbild. Sich beim Fotografieren armer Leute fotografieren zu lassen, das mag Vater Friis nicht so gerne. Auf ins Spielzimmer. Die Führerin Marina lobt den Einfallsreichtum der Kinder. Sie haben Barbie-Puppen, die Marinas Arbeitgeber gekauft hat, in ein selbst gebautes Favela-Häuslein aus Eisstielen gesetzt. Im Fernsehen holzt Jackie Chan gerade ein paar Favelahäuser in der Bronx kurz und klein, worauf Marina mit entschuldigender Geste meint: »Die Kinder lieben das Fernsehen.« Wahrscheinlich will sie damit sagen, dass man mit sieben hier schon Schlimmeres gesehen hat als einen Actionfilm.
»Jetzt ist mir erst klar, wie privilegiert ich mit meiner Schulbildung bin. Diese Tour hat mir wirklich was gebracht«, murmelt Cecilie, mit 16 das älteste Kind in der Gruppe der Dänen. Sören, der das gleiche Haarband trägt wie Jackie Chan, nickt. Er habe sich zunächst ja geweigert mitzukommen, Angst gehabt, aber seine Eltern bestanden darauf. »Es war sehenswert. Trotzdem würde ich bei mir nicht einfach jemanden ins Haus gucken lassen. Ist doch irgendwie respektlos.« Der klimatisierte VW-Bus, dessen Fahrer als einziger Mitarbeiter selbst in einer Favela wohnt, hält kurz am Rande von Rocinha. Hier residiert die bekannte Samba-Schule, die oft den Contest bei der Karnevalsparade siegreich bestritten hat. Die Ränge leer, keine heißen Rhythmen, kein Hauch von String auf dunkler Haut, den die Brasilianer »Zahnseide« nennen. In Rocinha herrscht weiterhin eine gespannte Atmosphäre, und deshalb hat es Marina eilig, alle Gäste ins Hotel zurückzubringen. Ein Blick auf die mit Buden bedeckten Hügel und einige Schauermärchen über das, was sich dort abspielen mag, müssen genügen. Vater Friis lässt indes die Kritik des Sohnes nur bedingt gelten. Schließlich habe man viel gelernt, und er wolle seinen Kindern zeigen, wie andere Menschen auf der Welt leben. Voyeurismus? Na, ein wenig vielleicht. Man fühle sich schon ein bisschen wie im Zoo, deshalb die eigene Kamerascheu. »Aber viel wichtiger ist doch, dass wir neben Armut so viel Freude und Lebenslust gesehen haben«, assistiert seine Gattin Marianne. In der Favela lebten vor allem anständige Menschen, keine Kriminellen, das habe man gesehen. »Wenn wir nachher alle an einem Tisch sitzen, werden wir über diese Erfahrung sprechen. Das ist sehr wichtig.«
Rocinha, nach Einbruch der Dunkelheit. Die Buslinie, die hier endet, fährt quer durch Rio, hat aber auf diesem Routenabschnitt eine eigene Linienbezeichnung, damit früher aussteigende Fahrgäste keine Angst bekommen. Niemand lächelt. Heute gab es hier einen großen Beerdigungszug, mit dem zwölf gefallene Favelados zu Grabe getragen wurden. In der zweiten Etage in einem Haus an der großen Hauptstraße haben sich ein paar Männer versammelt. Auf dem Tisch liegt eine AK 47. Die Männer gehören dem Comando Vermelho, dem Roten Kommando an, das seinen Namen aus der Zeit der Militärdiktatur hat, als sich politische Häftlinge und Kriminelle in den Gefängnissen zusammenschlossen und Guerilla-Taktiken ausheckten. Damals gab es noch eine politische Idee. Geblieben sind die paramilitärischen Strukturen und angeblich gute Kontakte zur Farc. Die Waffen, die im Tausch gegen Kokain aus Miami kommen, sind neueste Modelle. Ein Grund mehr, warum es für die weitaus schlechter ausgerüstete Polizei ratsam ist mitzuverdienen, statt sich zu sehr einzumischen. Die Männer, einige sind erst 16, erzählen von ihren Heldentaten und zeigen stolz ihre Einschussnarben, die sie mit Ort und Datum benennen können. Sie bestätigen, dass es momentan nicht empfehlenswert ist, Rocinha zu besuchen. »Nicht für Gringos, nicht für Brasilianer«, fügt einer hinzu. Marcelo Armstrong ist ihnen ein Begriff. »Er trägt zwar ein goldenes Kreuz wie die HipHopper aus dem Ghetto, aber traut sich hier nur mit Aufpassern rein«, sagt Fernando. Auf die Frage, ob es zwischen den Bossen und dem Tour-Veranstalter einen Deal gebe, lächelt er: »Meint ihr etwa, hier drin ginge auch nur irgendwas ohne unsere Zustimmung?«
Mit der Sicherheit ist das auch so eine Sache. Es sei zwar richtig, dass das Personal unter Kontrolle gehalten werde, aber garantiert sei gar nichts. Thomas ist 26 und hat etliche Jahre im Rheinland gewohnt. Er erklärt es mit einer Anekdote, die er nicht unkomisch findet. Neulich sei er aus dem Haus gegangen und da habe ein toter 12jähriger gelegen, auf der Brust einen Zettel mit der Aufschrift: »Hat zur falschen Zeit hier Drogen verkauft! « »Weißt du, sein Vater hat ihn ohne Worte abgeholt und sich ganz schnell verpisst«, sprudelt es im reinsten Ghettoslang von Köln-Chorweiler aus ihm heraus. Jede Regel werde gebrochen, von irgendwem, irgendwann. Thomas selbst verkauft seine Drogen an der Copacabana. Wegen seiner Sprachkenntnisse kommt er vor allem mit Touristen in Kontakt. Wenn jemand Abenteuer will und viel Geld hat, dann organisiert er eine Yacht mit Mädels. Noch Abenteuerlustigere mit weniger Geld nimmt er mit in eine Favela im Norden, wo das »3. Kommando« das Sagen hat. Er als Schwarzer habe dort nichts zu fürchten. »Aber woher sollte ich wissen, dass die diesem blonden Schweizer gleich die Knarre an den Kopf halten. Soll ich mich etwa dazwischen werfen? « Er sei seit sechs Monaten wieder aus Deutschland zurück, aber habe den Eindruck, dass die Jungs viel härter geworden seien. »Da laufen 15jährige rum, die sind zu allem fähig. « Ein Typ wie Thomas mag es gewesen sein, der Anfang 2003 zwei Engländer, die Drogen kaufen wollten, in eine Favela führte, um sie dort mit seinen Kumpanen bis auf die Unterwäsche auszurauben. Es wäre falsch, Marcelo Armstrong mit solchen Praktiken in Verbindung zu bringen. Dennoch regt sich Unmut gegen seine Touren. »Ich verstehe die Kritiker sogar, aber sie müssen nur die Tour mitmachen«, sagt der Unternehmer. Schließlich sei er der erste Anbieter gewesen, und sein Konzept sei völlig anders als das der Konkurrenz. Mit dem Hinweis auf sein karitatives Engagement ist für ihn die Diskussion beendet. »Es ist wichtig, den armen Leuten zu helfen, statt an allem rumzunörgeln. « Über seine Einnahmen schweigt der Geschäftsmann. Wichtig ist ihm, darauf hinzuweisen, dass er seine Fahrten nach Rocinha wieder aufnehmen wird, sobald sich die Situation dort beruhigt hat. Vielleicht hat er es so eilig, die Tour durch das wilde Rocinha wieder anzubieten, weil in der ruhigeren Vila Canoas sogar schon die ersten Schilder mit Straßennamen auftauchen. »Favela-Bairro« heißt der städtische Plan, die Slums zu sanieren. Armstrongs Kapital aber sind naturgemäß die krassen Unterschiede.
Touristen können nach Plänen der Regierung im zentralindischen Bundesstaat Chattisgarh künftig Urlaub im Gefängnis machen. Eine leer stehende Haftanstalt solle in eine Art Knast-Hotel umgewandelt werden, sagte der Direktor der staatlichen Tourismusbehörde, A. Jayathilak, der Times of India. »Wir werden das Ambiente eines Gefängnisses erhalten«, betonte er. Gästen, denen der Aufenthalt langweilig werde, könnten versuchen, durch ein Tunnelsystem zu fliehen. Das Essen werde – wie in indischen Haftanstalten üblich – vor allem aus Weißbrot und Linsensuppe bestehen und in zerkratztem Essgeschirr ausgegeben, sagte Jayathilak. Die Gäste erhielten gestreifte Bademäntel. In den Zellen würden die Gitter allerdings durch blickdichte schwere Stahltüren ersetzt.
In San Pedro, Guatemala, hat sich eine besondere Form des Alternativtourismus etabliert: der Drogentourismus. Bei den Drogen, die recht öffentlich in San Pedro konsumiert werden, handelt es hauptsächlich um Marihuana und Kokain.
Ein entscheidender Grund dafür, dass in San Pedro relativ öffentlich und sorglos Drogen konsumiert werden können, ist die Tatsache, dass es seit 1983 weder staatliche Polizei noch Militär im Ort gibt. Die Pedranos wehrten sich gegen staatlich organisierte Unterdrückung und Willkür, indem sie sich 1983 zusammenschlossen und mit vereinten Kräften die staatlichen Vertreter aus San Pedro vertrieben. Die Polizeigewalt liegt seitdem in den Händen der alguaciles, jungen Pedranos, die damit ein Amt innerhalb der Hierarchie des traditionellen zivil-religiösen Ämtersystems innehaben und dadurch auch dazu beitragen, dass dieses System auch im zivilen Bereich weiterhin mit Aufgaben verbunden ist, die andernorts durch staatliche Behörden abgelöst wurden. Nun ist es nicht so, dass die örtlichen Ordnungskräfte untätig wären, aber sie kümmern sich doch wesentlich mehr um die Belange der Pedranos, als um die Drogenprobleme der Touristen. Bis zu einem gewissen Grad wird der Drogenkonsum, um den auch die alguaciles wissen, also toleriert. Nimmt er aber allzu öffentliche und große Ausmaße an, dann werden auch schon einmal Bars aus diesem Grund geschlossen. Als 1995 im Haus eines italienischen Einwohners von San Pedro zwei Touristen an einer Überdosis Heroin starben, war allerdings eine Toleranzgrenze der Pedranos in Bezug auf Drogenkonsum der Touristen erreicht und es wurde eine Ortsversammlung einberufen, bei der diskutiert wurde, ob man nicht alle Ausländer des Ortes verweisen solle. Da der Tourismus aber schon eine wichtige Einnahmequelle für viele Pedranos darstellte, wurde dieser Plan nicht in die Tat umgesetzt. Wie erwähnt sind jedoch die am Häufigsten konsumierten Drogen in San Pedro Marihuana und Kokain. Marihuana zu rauchen ist unter Alternativtouristen ein sehr verbreitetes Phänomen und wird häufig dem Alkohol gleichgesetzt, als »weiche Droge« betrachtet. Kokainkonsum dagegen wird von vielen Alternativtouristen abgelehnt, auch wenn einige die besondere Urlaubssituation dazu benutzen, um diese Droge einmal zu probieren. Häufig sind diese Personen im eigenen Land keine regelmäßigen Konsumenten so genannter »harter Drogen« wie Kokain. Es gibt aber auch einige reine Drogentouristen, die hauptsächlich aus Gründen des Drogenkonsums nach San Pedro reisen, da besagte Drogen hier relativ einfach und, im Vergleich zu den Herkunftsländern der Touristen, billig zu erhalten sind. Der Konsum der Drogen geschieht in der Touristengegend San Pedros relativ offen. »Relativ« deshalb, weil es auch hier einige ungeschriebene Regeln gibt, die zum größten Teil eingehalten werden. Der Konsum von Marihuana wird zum Beispiel innerhalb des Bereiches einer hospedaje öffentlich praktiziert und zumeist auch geduldet. Es kommt häufig vor, dass kleinere Gruppen von Touristen vor ihren Zimmern zusammensitzen und gemeinsam Marihuana rauchen. Ähnlich verhält sich dies in den touristischen Bars. Außerhalb eines solchen »privaten« Geländes wird auch beim Cannabiskonsum größtenteils darauf geachtet, nicht entdeckt zu werden, ganz besonders nicht von Einheimischen. Im Ortskern selbst, ist öffentlicher Drogenkonsum verpönt.
Bei dem Konsum von Kokain verhält es sich ein wenig anders. Hier wird auch in den hospedajes darauf geachtet, dass die Drogenaufnahme im Verborgenen stattfindet. Das heißt, um Kokain zu konsumieren ziehen sich die Konsumenten auf ihre Zimmer zurück. Öffentlicher Kokainkonsum findet jedoch in einigen Bars statt. Manche Touristen, die sich längere Zeit in San Pedro aufhalten, arbeiten in Bars, um ein wenig Geld zu verdienen oder zumindest kostenlos leben zu können. Einige dieser Barkeeper konsumieren selber Kokain, um die zu verrichtende Arbeit hinter dem Tresen besser ertragen zu können und um die teilweise langen Nächte zu überstehen. Da sich die meisten der längere Zeit in San Pedro lebenden Drogenkonsumenten untereinander kennen, kommt es häufig vor, dass in einigen Bars gemeinsam Kokain geschnupft wird, wobei dies teilweise an den Tischen oder sogar an der Theke geschieht. Zum Teil wird dabei jedoch darauf geachtet, dass sich keine Einheimischen oder, etwa zur Osterzeit, guatemaltekischen Touristen in der Bar aufhalten. Als ich 1994 das erste Mal San Pedro besuchte, war die am Besten besuchte Bar das »Johanna's«. In dieser Bar trafen sich allabendlich viele Touristen und es wurde im beschriebenen Maße Cannabis und Kokain konsumiert. Aufgrund der Lage der Bar, unmittelbar am Landungssteg der Boote aus Panajachel, kamen auch ab und zu Pedranos in das »Johanna's«. Es tauchte auch fast allabendlich eine Gruppe alguaciles auf, um das Geschehen zu beobachten und beim Eintreffen der Ordnungshüter wiesen die Betreiber der Bar ihre Kunden vorsichtig darauf hin, den Drogenkonsum vorübergehend einzustellen. Einige Tage später, noch während meines damaligen Aufenthaltes, wurden in der Bar Schilder mit dem Hinweis, dass das Konsumieren von Drogen nicht gestattet sei, angebracht. Am Konsumverhalten der Touristen und Barbetreiber änderte dies jedoch nicht viel, es wurde lediglich stärker darauf geachtet, dass keine Pedranos anwesend waren, während Drogen eingenommen wurden. Bei meinem zweiten Aufenthalt in San Pedro 1996, also zwei Jahre später, war das »Johanna's« bereits geschlossen, aber in zwei anderen, neuen, aber kleineren Bars herrschte ein ähnliches Ambiente. Zu dieser Zeit war allerdings die Zahl der Touristen in San Pedro schon spürbar zurückgegangen, so dass auch die Frequentierung der Bars stark abgenommen hatte. 1997 hatte sich auf diesem Gebiet im Vergleich zum Vorjahr, bis auf eine erneute Verlagerung der Beliebtheit bezüglich der Bars, kaum etwas verändert. Der Konsum von Heroin findet gänzlich im Verborgenen statt, so dass das Vorhandensein dieser Droge in San Pedro den meisten Touristen nicht bewusst wird und auch ich überrascht war, als ich das erste Mal davon erfuhr.
Reisen umsonst oder fast umsonst gefällt mir: Per Anhalter durch Europa, mit geklautem Diesel in einem wirklich alten Auto zu fünft nach Südfrankreich, Südostasien ohne Ende, Thailand, Malaysia, Indonesien, Philippinen (Letzteres nicht ganz so günstig, da die Währung am Dollar hängt.) 2 Mark für die Nacht in der Hütte am Strand, 1,50 Mark für ein reichhaltiges Reisgericht. Low-Budget, jede Menge Spaß und Verzweiflung, wunderschöne Erlebnisse und fürchterliche Krankheiten, Traumstände verseucht mit Ratten und Wanzen. Viel gesehen und erlebt. So kam ich an die Grenzen meines Verstandes, weil ich mir in Vorbereitung auf eine längere Busfahrt durch Thailand eine große Tüte Gras in meinen Joghurt gerührt habe, musste weg das Zeug und ich dachte auf diese Weise die 14-stündige (Low-Budget-Local-Bus) Busreise verschlafen zu können. Kompletter Unsinn, 14 Stunden Mega-Horror mit hundert Monstern in einer zugeschweißten Blechdose, bewegungsunfähig. Es war eine wirklich große Portion Gras. Ja, mein Name ist xy, süchtig: reisesüchtig, Alkoholikerin, Junkie, alles was meinen Adrenalinspiegel in die Höhe treibt, alles was mir die Birne dicht macht, immer an meinen Grenzen, das mag ich. Heroin, Pilze, Gras in Thailand, Marok in, na wo schon, schwarzer Afghan... nee, da war ich nie, Kokain in Südamerika, ökologisch einwandfreien Wein in Südfrankreich oder Portugal, in Kanistern direkt vom Bauern. Alles, was ich will, vom Barkeeper in Jugoslawien (ich bin sehr hübsch und blond). Opium in Ägypten, Hasch ist hier scheußlich. Wonderful healthy drinks, two for one price auf den Philippinen.
Nur in Indonesien gibt es kein Low-Budget fürs Hirn. Überflüssig zu sagen, dass Indonesien meine schönste Reise war. Leider fällt mir hierzu keine besonders bizarre Geschichte ein, sondern nur schöne Erlebnisse: wahrhaftig einem Haifisch beim Schnorcheln in die Augen zu blicken, vor Komodo-Waranen zu flüchten, bei einem Spaziergang von einer Herde Wildpferde überrascht zu werden, Wildschweine und Hirsche am Strand, dem Abendessen mit tatkräftiger Unterstützung der Dorfgemeinde hinterher zujagen (es gab Hühnchen). All das werde ich nie vergessen, und ich war nicht breit, alles echt. Breit hingegen war ich von morgens bis abends in Thailand. Mit einem Kumpel aus Berlin habe ich eine riesige Wasserpfeife gebaut, die aussah wie ein Wikinger. Wir haben unser Gras im Mixer zerkleinert, weil uns die lästige Rupferei zu anstrengend war. Wir haben grenzenlos geraucht. Wir haben andere Touristen mit dem Boot zum Schnorcheln gebracht und geraucht. Wir haben gelacht, bis wir fast erstickt wären. Passierten andere Touristen bei einem Strandspaziergang unseren Bungalow, haben wir sie zu einem Pfeifchen eingeladen und uns totgelacht, wenn sie danach nicht weitergehen konnten. Das Gras ist gut in Thailand. Da die Krankheit Sucht jedoch eine fortschreitende Krankheit ist (der Eingeweihte erkennt, dass ich clean bin und regelmäßig NA-Meetings besuche), haben wir uns im Jahr darauf leider aus Heroin verlegt. Kein schöner Urlaub, kaum Erinnerungen. Kommen wir zu »Kokain in Venezuela«: Man kann es für wenig Geld in guter Qualität an jeder Straßenecke kaufen. Abends trinkt man dazu Toku-Pita (Rum-Cola für Warmduscher) und erliegt augenblicklich dem unwiderstehlichen Drang, sich einem rhythmischen Balztanz hinzugeben. Das geht so: Zwei bis drei Leute trommeln einen schnellen Takt, und die Balzwilligen stellen sich im Kreis auf. Ein Paar tanzt in der Mitte ziemlich heiß miteinander. Man kann sich durch Abklatschen des gleichgeschlechtlichen Partners in der Mitte zur Schau stellen. Die Toku-Pita macht, dass man erst an der Grenze zur Erschöpfung aufhören kann zu tanzen. Nicht witzig waren die ständigen Grenzkontrollen. Die Insassen der Busse, in denen mein Freund und ich reisten, durften an jedem Kontrollpunkt darauf warten, dass wir vor zwei bis drei Soldaten unser Hab und Gut, mit einer kleinen Erklärung zu jedem Gegenstand, ausbreiteten. Beim ersten Mal habe ich mich noch verdurstend in einem südamerikanischen Gefängnis gesehen und nach der Durchsuchung einen hysterischen Heulkrampf bekommen, aber man gewöhnt sich. Gefunden haben sie zum Glück nie etwas. Nun, ich bin ruhiger geworden. Heute mache ich grenzenlos auf Kultur, immer noch Low-Budget, da ich beruflich viel unterwegs sein darf. So war ich im letzten Jahr in Paris, Prag, Rom, Oslo und Wien. Privat war ich auf Kreta und in New York. Ich besuche bis zum Umfallen Museen, Schlösser, Ausgrabungen, Theater und Kirchen. In diesem Jahr möchte ich nach Venedig, im Frühjahr in die Türkei, zwischendurch nach Dublin (beruflich) und, mal sehen, vielleicht ja nach Peru. Mein Name ist xy, süchtig.
Der nepalesische Bergsteiger Pemba Dorjee hat Ende Mai den Mount Everest in acht Stunden und zehn Minuten bezwungen. Gemessen wird bei diesen in den letzten Jahren populär gewordenen Rekordversuchen die Zeit, die es braucht, um vom Basislager auf 5 200 Metern Höhe bis zum Gipfel auf 8850 Metern und wieder zurück zu gelangen. Ein anderer nepalesischer Bergsteiger, der sich nur Apa nennt, verbesserte am 17. Mai seinen Rekord der häufigsten Everest-Besteigungen auf die Zahl 14. Seit am 15. Mai die diesjährige Everest-Saison begann, waren schon 170 Bergsteiger auf dem Gipfel des Everest. Auch das ein Rekord, wie auch die Zahl von 45 kleinen Zeltstädten, die bei diversen Basecamps in Nepal und Tibet errichtet wurden, von denen aus die Expeditionen starten. »Seit dem Beginn der geführten Aufstiege in den neunziger Jahren«, schrieb jüngst die New York Times, »wurde der Traum, einmal auf dem höchsten Berg der Welt zu stehen, für jeden möglich. Auch für relative Anfänger, solange sie halbwegs fit sind und einen individuellen Bergführer für 65 000 Dollar bezahlen können.« Vom Mount Everest als »Touristenberg« spricht Peter Habeler, der 1978 zusammen mit Reinhold Messner als erster den Berg ohne Sauerstoffgerät bestieg. Zumindest dann sei er ein Touristenberg, »wenn man ihn zum Beispiel mit dem K2 vergleicht«. Der mit 8 614 Metern zweithöchste Gipfel der Erde sei ein »Bergsteiger-Berg« und wegen seiner Schwierigkeit noch lange davon entfernt, ähnlich touristisch erschlossen zu werden. Der unter Verwaltung der pakistanischen Regierung stehende K2 wurde vor knapp 50 Jahren von einer italienischen Gruppe erstbestiegen. Seither gab es nur knapp 200 erfolgreiche Besteigungen, während im Vergleich dazu der Everest in den letzten fünfzig Jahren über 1 600 Mal bestiegen wurde, unter anderem schon von einem Blinden und einem Einbeinigen. Dass am Mount Everest etwa 200 Bergsteiger umkamen, ist relativ wenig im Vergleich zu den etwa fünfzig Bergsteigern, die beim Versuch, den K2 zu besteigen, starben. Schon statistisch ist die Wahrscheinlichkeit, am K2 zu sterben mit 25 Prozent höher als mit zwölf Prozent am Everest. Und erst recht der Umstand, dass es zum K2 keine geführten Expeditionen gibt und sich nur ausgewiesene und erfahrene Extrembergsteiger an den Berg wagen, verweist auf die Besonderheit des K2. Der etwas ungewöhnliche Name rührt von der Zählweise des britischen Vermessungsoffiziers T.G. Montgomery, der die Gipfel des Karakorum-Gebirges einfach durch nummerierte: K1, K2, K3. Bei den Einheimischen heißt der höchste Berg des Gebirges Chogori, aber international durchgesetzt hat sich das Kurzwort K2.
Die hohen Schwierigkeitsgrade des K2 stellen aber für seine touristische Indienstnahme keine undurchbrechbare Schranke dar. Für Spitzenbergsteiger ist der Mount Everest mittlerweile keine nennenswerte Herausforderung mehr, ja, der Umstand, dass sie sich beim Bewältigen einer der wenigen schwierigen Passagen des Endanstiegs, der so genannte Hillary Steps, in eine Schlange einreihen müssen, wann sie endlich an der Reihe sind, was unter Umständen für das vom Wetter diktierte enge Zeitfenster ungünstig wäre, schreckt sie obendrein ab. Der K2 hingegen ist ähnlich wie der »deutsche Schicksalsberg« (ZDF) Nanga Parbat beim gegenwärtigen Stand der alpinen Technik und der Beherrschung der dünnen Luft in der so genannten »Todeszone«, die etwa über 7 800 Metern beginnt, noch schwierig genug, dass keine Führungen angeboten werden können. »Nur mit Sponsoren wird’s schwer«, heißt es bei einer der Ambitioniertesten diesjährigen K2-Expeditionen. »Da wär’s schon leichter, wenn der Name Everest auftaucht. « Es ist eine österreichische Gruppe, die Ende Juni den Broad Peak besteigen will, mit 8 047 Metern der zwölfthöchste Berg der Erde und als eher leichterer Achttausender geltend. Unmittelbar danach ziehen die sieben Bergsteiger zum K2, den sie bis spätestens Ende Juli bezwungen haben wollen. Ein Großsponsor fand sich für das bergsteigerisch interessante Projekt, das den ersten Achttausender zur Anpassung an die Höhe für den zweiten Achttausender nutzen möchte, nicht. Die zwölf K2-Expeditionen dieses Jahres haben sich vielmehr die Sponsoren gegenseitig abspenstig gemacht. Lediglich eine italienische Gruppe konnte sich mit der Tageszeitung Corriere Della Sera einen potenten Geldgeber sichern, die sich ihren Namen auch gleich in den Expeditionsnamen eintragen ließ. Aus Spanien und aus China sind jeweils staatlich finanzierte Expeditionen unterwegs. Was gegenwärtig noch nicht lukrativ ist, wird sich aber über kurz oder lang auch profitabel entwickeln. Wenn die Bergindustrie das Besteigen des größten Berges erst zur Routine hat werden lassen – Peter Habeler spricht heute schon von »Peanuts« – wird auch um einen ungleich schwierigeren Berg wie den K2 eine Tourismusindustrie entstehen. Dass dann nicht nur mit neuen Rekorden, sondern auch mit noch mehr Toten zu rechnen ist, wird dem Ruf des K2 als besonders schwieriger Herausforderung eher gut tun.
Dieses Land der grandiosen Landschaften sieht heute noch aus wie das Afrika der alten Tage, vergleichbar mit Tansania oder Simbabwe, nur ist es hier viel ursprünglicher und schöner. Ich habe zwei lange Jagdreisen in diesem Land unternommen, und jedes Mal habe ich mich gefühlt wie im Afrika der alten, guten Tage. Dieses Gefühl der Wildheit und Exotik vermittelt eine Safari in Äthiopien, und gerade das ist es, was ich so liebe. Auch die Jagd selbst ist noch ursprünglicher und individueller. Noch 1993 habe ich Menschen in den Dörfern des Omo-Gebiets getroffen, die nackt herumliefen wie zur Zeit der Kolonisation. Viele haben weiße Menschen von anderen Kontinenten noch nie gesehen und kamen verwundert, um diese zu bestaunen. Neben dem Bergnyala sind auch Boran-Soemmering-Gazelle, Menelik-Buschbock, Abessinischer Buschbock und Cordeaux’s Dik-Dik nur in Äthiopien zu finden und zu bejagen. Andere Wildarten sind hier in exzellenter Trophäenqualität vorhanden wie etwa Beisa-Oryx, Sudan Soemmering-Gazelle, Kleiner Kudu, Gerenuk, Elefant (zurzeit geschützt) und Riesenwaldschwein. Außerdem können in Äthiopien noch folgende Wildarten bejagt werden: Großer Kudu, Defassa-Wasserbock, Neumanns Kuhantilope, Tiang (Leierantilope), Oribi, Grant-Gazelle, Blauducker, Abessinischer Kronenducker, Buschschwein, Warzenschwein, Riesenwaldschwein, Schakal, Ginsterkatze, Karakal, Serval, Pavian, Büffel, Klippspringer, Gemeiner Buschbock, Ostabessinische Soemmering-Gazelle, Somali-Soemmering-Gazelle, Abessinischer Riedbock, Flusspferd, Grants Zebra, Strauß, Hyäne, Löwe oder Leopard. Einfach faszinierend ist die Artenvielfalt in diesem Land. Das Anludern der Großkatzen ist erlaubt. Für kleine Wildarten zahlt der Jäger etwa 50 bis 400 US-Dollar für die Lizenz, für größere aber 1.500 bis 2.300. Eine Ausnahme bildet das Bergnyala, für dessen Lizenz man ganze 5.000 US-Dollar hinzublättern hat. Je nach Veranstalter und Zahl der Jäger kostet ein Safari-Tag zwischen 650 und 1.100 US-Dollar. In der Regel werden 15tägige Safaris gebucht.